Bodenarbeit - so viel mehr als nur Longieren
- Julia Thaidigsmann
- 17. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Aug.
Viele Menschen verbinden Bodenarbeit vor allem mit Longieren – also das Pferd im Kreis um sich herum laufen lassen. Doch Bodenarbeit ist weitaus vielseitiger. Bodenarbeit ist Kommunikation auf Augenhöhe, Vertrauensarbeit, feines Zusammenspiel von Körpersprache, Energie und Respekt. In diesem Beitrag zeige ich dir, was wirklich alles in der Bodenarbeit steckt.

Wenn ich mit anderen Reitern rede, dann höre ich oft, dass Bodenarbeit nichts für sie sei. Bodenarbeit wäre langweilig, mache keinen Spaß und sie wüssten nicht, für was das gut sei. Außerdem würden sie ja hin und wieder longieren und manchmal sogar spazieren gehen.
Zu erst einmal stellt sich ja die Frage, was Bodenarbeit überhaupt ist und was ich darunter verstehe. Für mich ist Bodenarbeit im Grunde genommen alles, was ich mit dem Pferd vom Boden aus mache. Das beginnt schon bei der Begrüßung und dem ersten Kontakt und endet mit dem Verabschieden, bevor ich den Stall wieder verlasse.
Das bedeutet, dass auch ohne die klassische Bodenarbeit auf dem Reitplatz, der Bodenarbeitsgedanke ständig präsent ist. Denn ich kann nicht nicht kommunizieren. Dieser Satz hat nicht nur bei der Kommunikation von Mensch zu Mensch Gültigkeit. Das trifft auch bei Menschen und Pferden zu. Und Pferde sind noch viel größere Meister der Kommunikation als wir Menschen.
Welche Vorteile hat also die Bodenarbeit und was kann ich damit erreichen?
1. Körpersprache ist der Schlüssel zur Kommunikation
Bei Pferden brauchen wir keine Wörter. Unser Körper spricht für uns. Pferde lesen kleinste Signale – bewusst eingesetzt, wird das zur faszinierenden “Sprache ohne Worte”. Wenn wir uns damit beschäftigen, lernen wir klare Signale zu senden – und unser Pferd lernt, sie zu verstehen. Wobei uns Wörter, wenn wir sie richtig einsetzen, in der Kommunikation durchaus hilfreich sind. Und unsere Stimme auch. Dazu in einem anderen Beitrag mehr.
2. Vertrauen aufbauen – die Basis jeder Beziehung
Bodenarbeit kann eine tiefe Verbindung schaffen. Wenn dein Pferd dir am Boden zuhört, dir folgt und dir vertraut, stärkt das auch eure Partnerschaft im Sattel. Am Boden muss ich anders einwirken als im Sattel. Ich habe andere Hilfsmittel und meine Körpersprache wird wichtiger. Übungen wie Führtraining, Gelassenheitstraining oder das Erkunden neuer Umgebungen fördern dieses Miteinander.
3. Gymnastizierende Bodenarbeit für ein gesundes Pferd
Die wenigsten Reiter reiten so ausbalanciert, dass sie vom Sattel aus das Pferd wirklich korrekt gerade richten können. Sobald wir zum Beispiel etwas schief in der Hüfte sind oder selber auch nicht korrekt in der Balance sind, merkt unser Pferd das und wird beim Reiten darauf reagieren. Mein Grundsatz ist immer: zuerst muss etwas vom Boden aus funktionieren, dann erst übe ich es vom Sattel aus. Seitengänge, Übergänge, Rückwärtsrichten, Übertreten – alle Übungen lassen sich vom Boden aus trainieren und helfen, das Pferd gesunderhaltend zu trainieren, bevor wir uns in den Sattel setzen.
4. Konzentration, Fokus und feines Zuhören
In der Bodenarbeit lernt das Pferd, mental bei mir zu bleiben. Besonders in ablenkender Umgebung wird das wichtig. Es geht nicht um Gehorsam, sondern um echtes Zuhören und Mitdenken. Es geht darum, an wem sich das Pferd orientiert, wenn Gefahr droht. Rennt es kopflos weg oder orientiert es sich an mir und kann sich dann wieder entspannen? Als Fluchttier ist Flucht oft die erste Reaktion bei Gefahr. Ich möchte ein Pferd, das mitdenkt. Das erreiche ich durch kreative und abwechslungsreiche Bodenarbeit, die beide Gehirnhälften vernetzt. Durch stupides Longieren im Kreis erhalte ich vor allem einen muskelbepackten Bodybuilder. Ich möchte lieber einen gesunden, muskulösen Athleten der mitdenkt.
5. Freiheitsdressur – wenn Vertrauen trägt
Liberty-Arbeit ist die Königsdisziplin der Bodenarbeit: ganz ohne Halfter, ohne Seil, ohne Druck. Nur mit Verbindung, Respekt und klarer Kommunikation. Ein unglaubliches Gefühl, wenn dein Pferd aus freien Stücken bei dir bleibt. Die Vorstufe dazu ist die Bodenarbeit mit ganz feinen unsichtbaren Hilfen. Wendungen ohne am Seil zu ziehen, antraben oder durchparieren nur durch denken und deine Energie. Ein unbeschreibliches Gefühl.
Wie stehst du zur Bodenarbeit? Hast du es schon einmal ausprobiert? Wie sieht es aus, wenn du dein Pferd führst, wenn du Longierst? Ist es entspannt? Hört es dir zu?
Wenn du gerne eine tiefere Verbindung zu deinem Pferd haben möchtest oder eure Kommunikation verbessern willst, dann melden dich gerne bei mir. Manchmal sind es auch nur ganz kleine Dinge, die großes Bewirken können.
Übungsidee:
Wenn du dein Pferd führst, dann schau mal, ob du eine gedankliche Linie halten kannst. Das geht auf dem Platz, in der Halle, aber auch im Gelände. Du gehst neben deinem Pferd mit ein bisschen Abstand. Also nicht ganz so nah an der Schulter oder dem Hals. Dann wechselst du beispielsweise durch die Länge der Bahn. Stell dir eine Linie vor, auf der du laufen willst. Behalte dabei den Abstand zu deinem Pferd bei. Kannst du die Linie halten? Kommst du da an, wo du wolltest? Oder hat dein Pferd dich ganz still und leise abgedrängt? Du darfst mir gerne berichten, ob es geklappt hat.
Ich würde mich freuen, wenn du an der Umfrage teilnimmst:
Wo stehst du beim Thema Bodenarbeit?
Ich mache schon lange Bodenarbeit und liebe es.
Ich habe erst angefangen und brauche noch Tipps und Ideen
Bodenarbeit kann ich (noch) nicht, interessiert mich aber.
Bodenarbeit finde ich zu langweilig, ich reite lieber.
Ich freue mich auf dich und dein Pferd.
Herzliche Grüße
Julia







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