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Führst du schon oder ziehst du noch?

  • Julia Thaidigsmann
  • 1. Nov.
  • 4 Min. Lesezeit
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Warum wahre Verbindung in der Bodenarbeit nicht am Strick entsteht!


Kennst du das auch, dein Pferd, das beim Führen zögert, den Kopf hochwirft oder einfach stehenbleibt – und was machst du jetzt? Du ziehst noch mehr am Strick? Bittest mit Nachdruck oder wirst frustriert? Und je stärker du ziehst, desto mehr Widerstand entsteht.


Druck erzeugt oft Gegendruck. Und oft merken wir gar nicht, dass wir unser Pferd nicht wirklich führen, sondern schlicht ziehen. Dabei beginnt wahre Führung ganz woanders: in unserer Energie, unserer Klarheit und unserem Körperbewusstsein.



Energie statt Muskelkraft


Pferde reagieren unglaublich fein auf Energie. Sie spüren, ob du innerlich wirklich losgehst – oder nur körperlich. Wenn du zögerst, zweifelst oder unbewusst „nach hinten denkst“, bleibt dein Pferd oft genau dann stehen.


Wenn du aber innerlich präsent bist, dich aufrichtest, deinen Atem fließen lässt und in Gedanken vorwärts denkst, verändert sich alles. Du brauchst dann kaum Zug am Strick – dein Pferd fühlt dich und geht mit.


Führen bedeutet also nicht, das Pferd zu bewegen. Es bedeutet, es einzuladen, deiner Energie zu folgen.


Der Strick – Verbindung oder Kontrolle?


Der Strick ist ein Hilfsmittel, kein Steuergerät. Viele Menschen verlassen sich zu sehr auf ihn. Wenn das Pferd nicht reagiert, wird der Strick kürzer, der Druck stärker. Doch dieser Druck schafft selten Vertrauen.


Probiere einmal, dein Pferd ohne Strick zu führen – auf dem Paddock oder im Roundpen. Nur mit deiner Körpersprache, deinem Atem, deinem Fokus. Du wirst überrascht sein, wie sensibel dein Pferd auf deine kleinsten Signale reagiert, wenn es die Chance bekommt, wirklich zuzuhören.



Zu viel Equipment – zu wenig Gefühl


In der Bodenarbeit (und auch im Reiten) greifen viele zu Hilfsmitteln wie Ausbindern, Hilfszügeln, um das Pferd „in Form“ zu bringen. Der Gedanke dahinter ist oft gut gemeint: Das Pferd soll sich rund machen, den Rücken aufwölben, den Kopf senken. Doch was passiert tatsächlich?


Das Pferd nimmt eine Haltung wegen des Drucks ein – nicht, weil es versteht, wie es sich selbst tragen kann. Es wird „in Form gebracht“, statt sich in Balance zu entwickeln.

Ein Pferd, das gelernt hat, seinen Körper richtig zu benutzen, trägt sich von innen heraus. Diese Balance entsteht durch gute Bodenarbeit, nicht durch Zwang.



Zügeleinwirkung – fühlen statt festhalten


Auch beim Reiten zeigt sich dasselbe Prinzip. Oft sehen wir Pferde, die mit starkem Zügelkontakt „in Haltung“ geritten werden. Der Kopf ist unten – aber der Rücken ist fest. Die Bewegungen verlieren ihre Leichtigkeit.


Wahre Anlehnung bedeutet nicht, dass das Pferd gehalten wird, sondern dass es sich tragen möchte. Die Zügel sind kein Werkzeug, um das Pferd in eine Position zu bringen, sondern ein feines Kommunikationsmittel.


Wenn du lernst, am Boden mit minimaler Energie zu führen, wirst du auch im Sattel feinfühliger. Denn das Verständnis für Energie, Balance und innere Ruhe bleibt dasselbe – egal, ob du neben deinem Pferd gehst oder auf ihm sitzt.


Körperbewusstsein statt Haltung erzwingen


Ein Pferd, das verstanden hat, wie es sich selbst tragen kann, braucht keine Hilfszügel. Durch bewusste Bodenarbeit – Seitengänge, Übergänge, Stangenarbeit oder einfach feines Führen – lernt es, seine Muskulatur zu koordinieren und das Gleichgewicht zu finden.


Deine Aufgabe ist es, deinem Pferd zu zeigen, wie es sich gut bewegen kann, nicht es in eine Form zu pressen. So entsteht echte Losgelassenheit – und daraus erwächst Leichtigkeit. Dadurch lernt es auch Vertrauen in dich zu haben in deine Führungskompetenz.


Übungsidee für dich


Achte beim Führen immer darauf, so wenig Zug wie möglich auf dem Führseil zu haben. Versuche jetzt beim gemeinsamen gehen eine Wendung einzubauen. Drehe dabei deine Schultern in die Richtung, in die du gehen möchtest und schau was dein Pferd macht. Folgt es dir? Wenn nicht, dann gib nur einen ganz kleinen Impuls am Seil, nicht zu viel. Wenn es mit dir abbiegt, dann lass das Seil wieder locker. Versuche so wenig Spannung in deinem Arm zu haben wir nötig. Wenn du wieder gerade gehst, dann achte darauf, dass euer Abstand zueinander der selbe bleibt. Bieg immer wieder ab und achte dabei auf deine Körpersprache. Dein Oberkörper und deine Schulter sollten immer in die Richtung zeigen, in die du gehst. Auch bei dieser Übung ist es wichtig, dass du sie von beiden Seiten aus machst.


Mein Fazit: Führen heißt Verbinden


„Ziehst du noch oder führst du schon?“ – diese Frage darfst du dir immer wieder stellen. Wahre Führung entsteht, wenn du innerlich klar bist, präsent und ruhig. Wenn dein Pferd dir folgt, nicht weil es muss, sondern weil es möchte.


Führen heißt nicht, Druck auszuüben. Führen heißt, Verbindung herzustellen – durch Energie, Vertrauen und gegenseitiges Verstehen.


Und vielleicht ist das der schönste Moment in der Bodenarbeit: Wenn du den Strick locker lässt, einen Schritt gehst –und dein Pferd einfach mitkommt.


Ich begleite dich und dein Pferd gerne auf eurem Weg zu mehr Bewusstsein, Klarheit und Leichtigkeit am Boden.


Bei mir steht nicht das „Funktionieren“ im Vordergrund, sondern echte Kommunikation, Vertrauen und gegenseitiges Verstehen. Gerne begleite ich dich und dein Pferd.


Ich freue mich auf dich und dein Pferd.

Herzliche Grüße

Julia



 
 
 

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